Es geht weiter: Noch mehr Musterklagen gegen die Grundsteuer

Es geht wei­ter: Noch mehr Mus­ter­kla­gen ge­gen die Grund­steu­er
Haus & Grund und Bund der Steu­er­zah­ler jetzt auch in NRW ak­tiv

Nach Ber­lin und Rhein­land-Pfalz sind jetzt auch in Nord­rhein-West­fa­len zwei von Haus & Grund Deutsch­land und dem Bund der Steu­er­zah­ler (BdSt) un­ter­stütz­te Kla­gen bei den Fi­nanz­ge­rich­ten ein­ge­reicht wor­den. Da­mit set­zen bei­de Ver­bän­de ihr En­ga­ge­ment fort und hel­fen wei­te­ren Ei­gen­tü­mern, die sich ge­gen die Be­wer­tung ih­rer Grund­stü­cke im Rah­men der Grund­steu­er­re­form weh­ren und vor das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt zie­hen wol­len. Die Ak­ten­zei­chen lau­ten beim
• Fi­nanz­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg: 3 K 3142/​23
• Fi­nanz­ge­richt Rhein­land-Pfalz: 4 K 1205/​23
• Fi­nanz­ge­richt Köln: 4 K 2189/​23
• Fi­nanz­ge­richt Düs­sel­dorf: 11 K 2310/​23 Gr und 11 K 2309/​23 Gr

Dar­über hin­aus un­ter­stüt­zen bei­de Ver­bän­de in­zwi­schen ein Be­schwer­de-Ver­fah­ren als Mus­ter­ver­fah­ren, in dem das Fi­nanz­ge­richt Rhein­land-Pfalz ge­gen zwei Grund­steu­er­wert­be­schei­de im ver­gan­ge­nen Jahr noch die Aus­set­zung der Voll­zie­hung im einst­wei­li­gen Rechts­schutz we­gen Zwei­feln an der Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit der Be­wer­tung ge­währt hat­te. Die­se Ver­fah­ren sind nun beim Bun­des­fi­nanz­hof an­hän­gig, weil das Fi­nanz­amt ge­gen den Be­schluss des Fi­nanz­ge­richts Be­schwer­de er­ho­ben hat. Hier lau­ten die Ak­ten­zei­chen: II B 79/​23 und II B 78/​23.

Die Kla­gen vor den Fi­nanz­ge­rich­ten und das Ver­fah­ren vor dem Bun­des­fi­nanz­hof rich­ten sich alle ge­gen die Be­schei­de über die Fest­stel­lung des Grund­steu­er­wer­tes zum 1. Ja­nu­ar 2022 nach dem Bun­des­mo­dell. Die neue Be­wer­tung war not­wen­dig ge­wor­den, weil das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt die bis­her gel­ten­de Be­wer­tung für die Grund­steu­er als ver­fas­sungs­wid­rig er­klär­te und der Ge­setz­ge­ber auf­ge­for­dert war, ein neu­es Be­wer­tungs­ver­fah­ren zu schaf­fen. Die neue Grund­steu­er soll auf­grund der Be­schei­de über den Grund­steu­er­wert und die dar­auf fest­ge­setz­ten Grund­steu­er­mess­be­trä­ge von den Kom­mu­nen ab 2025 er­ho­ben wer­den.

Haus & Grund und BdSt hal­ten die neue Be­wer­tung im Bun­des­mo­dell für ver­fas­sungs­wid­rig und un­ter­stüt­zen das Ziel, das neue Be­wer­tungs­ver­fah­ren vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt er­neut prü­fen zu las­sen. Zu die­sem Er­geb­nis kommt auch ein von den Ver­bän­den in Auf­trag ge­ge­be­nes Gut­ach­ten von Pro­fes­sor Dr. Gre­gor Kirch­hof aus dem ver­gan­ge­nen Jahr. Das Gut­ach­ten wird im Rah­men der Kla­gen und der Be­schwer­de vor dem Bun­des­fi­nanz­hof zur Be­grün­dung ein­ge­bracht. Ge­ra­de die pau­schal an­zu­set­zen­den Mie­ten bei der Be­wer­tung der Grund­stü­cke und die Bo­den­richt­wer­te be­ein­flus­sen die Wer­te der Grund­stü­cke deut­lich, kri­ti­sie­ren Haus & Grund-Prä­si­dent Kai War­ne­cke und BdSt-Prä­si­dent Rei­ner Holz­na­gel.

Im Ein­zel­nen: Nord­rhein-West­fa­len

• In Düs­sel­dorf geht es um zwei Ei­gen­tums­woh­nun­gen im sel­ben Ob­jekt (Bau­jahr 1955) der­sel­ben Ei­gen­tü­me­rin. Die ers­te Woh­nung ist 58, die zwei­te Woh­nung ist 60 Qua­drat­me­ter groß. Auf­grund des An­sat­zes ei­nes hö­he­ren pau­scha­len Miet­wer­tes für die klei­ne­re Woh­nung wur­de hier ein Grund­steu­er­wert von 164.000 Euro fest­ge­stellt. Da­mit liegt die klei­ne­re Woh­nung rund 20.000 Euro über dem Wert der grö­ße­ren Woh­nung.
• In Köln han­delt es sich um eine Ei­gen­tums­woh­nung mit 54 Qua­drat­me­ter. Hier wur­de ein Bo­den­richt­wert von 2.280 Euro an­ge­setzt. Die Ei­gen­tü­mer be­sit­zen ein wei­te­res Grund­stück in un­mit­tel­ba­rer Nähe mit bes­se­rer ört­li­cher Lage. Dort wird ein deut­lich ge­rin­ge­rer Bo­den­richt­wert in Höhe von 530 Euro an­ge­setzt. Doch die­se Lage weist die bes­se­re In­fra­struk­tur auf und ist als Wohn­ge­biet be­lieb­ter. Beim be­klag­ten Grund­stück führt der An­satz des Bo­den­richt­wer­tes zu­dem zu ei­ner Wert­stei­ge­rung von 130 Pro­zent zu der bis­he­ri­gen Be­wer­tung.

Im Ein­zel­nen: Be­schwer­de-Ver­fah­ren in Rhein­land-Pfalz

Mitt­ler­wei­le hat das Fi­nanz­ge­richt Rhein­land-Pfalz in zwei wei­te­ren Fäl­len die Aus­set­zung der Voll­zie­hung zwei­er Grund­steu­er­wert­fest­stel­lungs­be­schei­de be­schie­den. Ver­fah­rens­recht­lich be­deu­tet dies, dass die fest­ge­setz­te Steu­er nicht ge­zahlt und voll­streckt wer­den kann, bis im Haupt­sa­che­ver­fah­ren (Kla­ge) end­gül­tig ent­schie­den ist. Dies wür­de be­deu­ten, dass in den bei­den be­trof­fe­nen Fäl­len eine fest­ge­setz­te Grund­steu­er ab 2025 nicht ge­zahlt wer­den muss, so­lan­ge die Aus­set­zung der Voll­zie­hung wei­ter be­steht. Ge­gen die­sen Be­schluss hat aber das Fi­nanz­amt Be­schwer­de vor dem Bun­des­fi­nanz­hof er­ho­ben, so­dass das einst­wei­li­ge Ver­fah­ren nun vor dem höchs­ten deut­schen Steu­er­ge­richt ver­han­delt wer­den muss. Das Fi­nanz­ge­richt Rhein­land-Pfalz hat in die­sem Ver­fah­ren er­heb­li­che Zwei­fel an der Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit der Be­wer­tung im Bun­des­mo­dell be­grün­det. Mitt­ler­wei­le un­ter­stüt­zen bei­de Ver­bän­de auch hier die Ei­gen­tü­mer im Be­schwer­de­ver­fah­ren vor dem Bun­des­fi­nanz­hof. Bei­de Ver­bän­de wol­len so­mit eine schnellst­mög­li­che eine höchst­rich­ter­li­che Ent­schei­dung her­bei­füh­ren. Nur so kann Klar­heit für die Ei­gen­tü­mer und Kom­mu­nen ge­schaf­fen wer­den.

Das kön­nen Ei­gen­tü­mer jetzt tun

Mit ih­ren Mus­ter­kla­gen las­sen Haus & Grund und der BdSt prü­fen, ob die Neu­be­wer­tung der Grund­stü­cke nach dem Bun­des­mo­dell ver­fas­sungs­mä­ßig ist. Ei­gen­tü­mer kön­nen sich auf die­se Mus­ter­kla­ge be­ru­fen und Ein­spruch ge­gen ih­ren Fest­stel­lungs­be­scheid über den Grund­steu­er­wert beim Fi­nanz­amt ein­le­gen so­wie das Ru­hen des Ver­fah­rens aus Zweck­mä­ßig­keits­grün­den be­an­tra­gen. Kommt das Fi­nanz­amt dem An­trag nach, bleibt das Ein­spruchs­ver­fah­ren bis zu ei­nem Ur­teil in der Mus­ter­kla­ge of­fen. Grund­sätz­lich gilt al­ler­dings, dass die Kom­mu­nen bis zu ei­ner höchst­rich­ter­li­chen Klä­rung der Fra­ge der Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit auf­grund der ak­tu­ell fest­ge­stell­ten Grund­steu­er- oder Äqui­va­lenz­wer­te und der dar­auf be­ru­hen­den Grund­steu­er­mess­be­trä­ge zum 1. Ja­nu­ar 2025 die Grund­steu­er neu fest­stel­len wer­den. Die hier neu be­kannt ge­ge­be­nen Wer­te müs­sen die Ei­gen­tü­mer zu­nächst zah­len.